Kampong Cham  |  04/03/2018  |  38°C

 

SCHNELL LANGSAM.

Oder doch langsam schnell? Oftmals wünsche ich es mir anders als es ist. Aber am Ende ist Geschwindigkeit doch relativ. Und man kann sich daran gewöhnen. Hoffentlich.

Es ist Sonntag. Die Sonne scheint schon seit den frühen Morgenstunden und die Hitze ist nur schwer zu ertragen. Die Temperaturen bewegen sich tagsüber zwischen 36 °C und 38 °C. Bevor ich mit dem Fahrrad einen kleinen Ausflug zum Wat Nokor Bachey - ein Tempel am Rande der Stadt - mache, gönne ich mir einen Cappuccino. Ein wahrer Luxus hier. Nur an wenigen Orten zu bekommen und relativ teuer. Ich warte nun schon seit einer halben Stunde. Hier ist Geduld gefragt.

 

Fast alles läuft hier in einer anderen Geschwindigkeit. Manchmal ist das auch wirklich von Vorteil, auf der Straße zum Beispiel. Hier bleibt so gut wie nie jemand stehen, alles ist immer im Fluß, aber langsam. Auch als Fußgänger wartet man nicht, man geht einfach los. Eine Überwindung in den ersten Tagen, doch dann merkt man, es funktioniert. Und es funktioniert gut. Jeder achtet auf den anderen und keiner beharrt auf seinen Vorrang.

 

In anderen Bereichen ist diese Langsamkeit eher eine Herausforderung. Manch einer ist schon gestresst, bevor es für mich richtig angefangen hat. Hier habe ich meine Lektionen zu lernen. Gar nicht so leicht sich darauf einzulassen. Auch die Planung von geschäftlichen Terminen ist anders als gewohnt. Termine finden häufig kurzfristig statt bzw. werden diese meistens erst kurzfristig kommuniziert. Wer noch nicht mit einem hohen Maß an Flexibilität und Gelassenheit ausgestattet ist, muss lernen. Ich bin beeindruckt von der Ruhe dieser Menschen.

 

Einige dieser kurzfristig kommunizierten Termine hatte ich in der vergangenen Woche. Da kam es dann vor, dass ich erst eine halbe Stunde vor Start Bescheid wusste. Ich konnte also schon mal üben. Das ist aber nicht immer so, es gibt auch im Voraus geplante Termine. Hier unterliegt dann nur die Startzeit einer gewissen Flexibilität. Wenn ich denke zu spät zu sein, haben die anderen sich noch nicht mal auf den Weg gemacht.

 

Seanghath, ein Mitglied des BSDA Managements, erklärte mir das so: "Wenn wir uns um 17 Uhr verabreden, dann beginnen wir frühestens um 17.30 Uhr oder um 18.00 Uhr. Schließlich benötigen alle genügend Zeit um einzutreffen." Das ist dieses andere Ordnungsprinzip, von dem ich das letzte Mal schrieb. Wir würden einfach um 17.30 Uhr oder um 18.00 Uhr starten. Diese Idee scheint für die meisten hier jedoch absurd.

 

Es gibt hier aber auch das Gegenteil von Langsamkeit. Das konnte ich letzten Freitag spüren - im wahrsten Sinne des Wortes. Zusammen mit Seanghath hatte ich im ca. 50 km entfernten District Stueng Trang einen Besichtungstermin. Diese Entfernung scheint auf den ersten Blick nichts besonderes zu sein. Wenn man die Straßenverhältnisse kennt, ändert sich das schlagartig. Wir fuhren also mit dem Motorrad ziemlich schnell - für mein Verständnis - auf teilweise extrem schlechten Straßen. Und ich war ohne Helm unterwegs. Aufgrund der Kurzfristigkeit war keiner mehr zu organisieren.

 

Es war ein echtes Abenteuer. Wir fuhren auf geteerten Straßen mit Schlaglöchern, rutschigen Schotterstraßen und auf roten Staubpisten durch kleine Dörfer. Erstmalig hatte ich wirklich kurze Momente der Angst. Diese Enge, diese vielen unterschiedlichen Fahrzeuge, Hühner, Hunde, Kühe, Kinder und zwischendurch immer wieder mal eine einspurige Brücke aus glattem Metall. Spaß und Angst wechselten sich ab und hielten sich die Waage. Am Ende hatten wir über 100 km hinter uns und ich war total erschöpft. Es war mit Abstand meine anstrengendste und abenteuerlichste Geschäftsreise aller Zeiten.

 

Meinen Cappuccino habe ich zwischenzeitlich genosssen und jetzt mache ich mich auf zum Wat Nokor Bachey. Ganz langsam mit dem Fahrrad.

 

Erkenntnis der Woche: Geschwindigkeitsanpassung ist unabdingbar.

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Location der Woche:

Im Copy-Shop.


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Essen der Woche:

Mittagessen am Mittwoch in einem kleinen Straßenrestaurant in Kampong Cham.

  • Nudelsuppe mit Gemüse

Eigentlich das klassische Frühstück hier. In der Regel wird die Suppe mit Fisch, Hünchen oder Rindfleisch serviert.


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Clip der Woche:

Unaufhörlich rannten diese beiden Jungs die Verkehrsinsel auf und ab. Nach einer Runde erfolgte die Übergabe des Drachen und dann wieder von vorne.


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Lieblinge der Woche:

Diese beiden Ladies leben im Wat Nokor Bachey, den ich heute Nachmittag besucht habe. Vorhin haben sie so schön gelächelt, doch auf den Bildern leider nicht mehr.


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Bilder der Woche:

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